Vom Wald das Beste. – Nationalparkregion Bayerischer Wald
Vom Wald das Beste: Tobias Lagerbauer aus Klingenbrunn

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Vom Wald das Beste: Tobias Lagerbauer aus Klingenbrunn

Klingenbrunn. Tobias Lagerbauer ist einer, der sich zu helfen weiß, wie es so schön heißt, wenn man über jemanden spricht, der über ein gewisses handwerkliches Talent verfügt. Bereits in jungen Jahren baute er sich etwa selbst ein Baumhaus - nicht ohne vorher dafür eine entsprechende Planung aufzustellen.

Trotz dieser Leidenschaft für die Verarbeitung von Materialien aller Art, vor allem aber von Holz, Glas und Metall, hätte der 33-Jährige nicht in seinen kühnsten Träumen daran gedacht, dass einmal das Wort "Künstler" im Zusammenhang mit seiner Person fällt.

Allein der Blick auf das Haus, das der junge Mann gemeinsam mit seinen Eltern bewohnt, macht schnell deutlich, dass das, womit sich Lagerbauer hauptberuflich beschäftigt, durchaus als Kunst bezeichnet werden kann.

Seine Tätigkeit dominiert das Anwesen in unmittelbarer Nähe des Dorfzentrums von Klingenbrunn. Das Innere des Gebäudes wird zum einen als Lagerstätte für diverse Gerätschaften und Materialien genutzt, in der früheren Garage ist die Werkstatt untergebracht - und der Garten gleicht einer riesigen Freiluft-Ausstellung seiner Werke.

Auch seine Eltern hat die Leidenschaft ihres Sohnes längst vereinnahmt: Der Vater hilft bei der Produktion mit, seine Mutter ist vor allem bei der Kundenbetreuung aktiv.

"Ich habe einen klaren Plan im Kopf"

Tobias Lagerbauer stellt in seiner „KreativWerkstatt“, wie er diese selbst bezeichnet und auch nach außen hin bewirbt, Deko-Artikel aller Größen und Formen her. Seine bevorzugten Materialien dabei: Metall und Glas. Obwohl seine Arbeit viel Kreativität erfordert, sieht er sich selbst nicht als Künstler. "Ich habe einen klaren Plan im Kopf - und genau nach diesen Vorgaben arbeite ich", erklärt der 33-Jährige.

"Künstler hingegen lassen sich Treiben. Beginnen sie mit einem neuen Werk, wissen sie oftmals nicht, wie das Ganze einmal aussehen wird. Bei mir ist das aber durchaus der Fall." Fragt man den Klingenbrunner nach seinem Beruf, gibt er zunächst Metallbauer an.

Erst im zweiten Anlauf charakterisiert er sich dann doch als Kunsthandwerker - über Umwege, wenn man seinen bisherigen Lebenslauf in Betracht zieht.
 

Nach der Schulzeit, der Ausbildung zum Industriemechaniker und dem sich anschließenden erfolgreichen Besuch des Meisterlehrgangs fand der Waidler zunächst in einem hiesigen Großbetrieb Arbeit. Die stetig wiederkehrenden Abläufe, die seine Tätigkeit mit sich brachte, die strenge Hierarchie und die nur bedingt mögliche Entfaltung der eigenen Ideen ließen Tobias Lagerbauer jedoch schnell an der Richtigkeit seiner Berufswahl zweifeln.

Er ist vielmehr ein Tüftler. Einer, der gerne was probiert, auch wenn es vielleicht mal schief geht. Einer, der über den Tellerrand hinausblickt, wie er betont. Vor allem der Werkstoff Metall hat es ihm angetan. Durch den nachhaltigen Einfluss seines inzwischen verstorbenen Onkels ist Glas ebenfalls zu einem Material mutiert, mit dem er sich intensiv beschäftigt.

Einer, der gerne was probiert, auch wenn es vielleicht mal schief geht.

"Ich bin noch relativ jung, das stimmt schon. Dennoch habe ich bereits viel gesehen und viel gelernt", sagt er über sich selbst. "Am liebsten arbeite ich unter eigener Regie. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, 2009 selbstständig zu werden." Zunächst verdingte er sich hauptsächlich als Balkon- und Gartenmöbel-Bauer - fast ausschließlich Arbeiten, die in der trockenen, warmen Jahreszeit durchgeführt werden müssen.

Gestartet als 23-Jähriger, mit  einer für dieses Alter typischen Blauäugigkeit ausgestattet, bekam Lagerbauer vor allem während der Wintermonate Schwierigkeiten genügend Aufträge an Land zu ziehen. Hinzu kam, dass doch einiges auf dem Spiel stand - immerhin investierte die Familie ihr Erspartes in die für seinen Job benötigten Maschinen.

All diese Einflüsse hatten zur Folge, dass die Gedanken im Kopf von Tobias Lagerbauer zu kreisen begannen. "Ich wusste, ich brauche etwas, das ich vorrätig produzieren kann, wenn gerade Zeit bleibt", erinnert er sich und ergänzt: "Außerdem wollte ich etwas Gefälliges herstellen, das gleichzeitig die Handwerkstradition des Bayerischen Waldes widerspiegelt."

Das Resultat jener Ideenfindung ist die kreative Kombination von Metall und Glas zu Deko-Artikeln aller Art. "Der Zuspruch vieler Erstkunden sowie die relativ große Nachfrage gaben mir dann auch schnell das Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben."

Außerdem wollte ich etwas Gefälliges herstellen, das gleichzeitig die Handwerkstradition des Bayerischen Waldes widerspiegelt."

Die ursprünglich als Nebenverdienst begonnene Tätigkeit entwickelte sich in den vergangenen fünf Jahren mehr und mehr zur Haupt-Einnahmequelle. Waren es anfangs nur drei Maschinen, die sich der Klingenbrunner leisten konnte, verfügt er inzwischen über alle Geräte, die er für sein Schaffen benötigt. Seine Werkstatt erstreckt sich über die frühere Garage und Großteile des Wohnhauses.

Das Geschäft brummt seitdem - und erlebte einen zusätzlichen Auftrieb, als sich der 33-Jährige dazu entschloss, selber Glas zu brennen. "Zunächst hatte ich das Glas von umliegenden Glashütten bezogen. Inzwischen produziere ich aber selber. So kann ich meine eigenen Vorstellungen noch besser umsetzen."

Somit entstehen die verschiedensten Kunstwerke im Hause Lagerbauer nahezu am Fließband. Und obwohl er mehr verkaufen könnte, als er produziert, legt er Wert darauf, weiterhin als Ein-Mann-Betrieb zu fungieren.

"Nur so kann ich ich bleiben. Hätte ich jemanden angestellt, würde meine Handschrift wohl verloren gehen." Genauso wie den Drang nach Unabhängigkeit hat er sich auch seine Vorliebe für das Probieren bis heute bewahrt.

Einen gewissen Anteil seines Umsatzes investiert er deshalb in "Jux und Tollerei", wie er es nennt. Dann versucht er sich an neuen, eigentlich nicht vorstellbaren Kombinationen und Herstellungsarten - frei nach dem Motto: "Restmülltonne oder Erfolg". Es geht ihm um das Beschreiten neuer Wege - wobei auch hier die Perfektion im Vordergrund steht.

"Auch das unterscheidet mich vom Klischee des Künstlers.“


Tobias Lagerbauer hat sich gewisse kindliche Züge bewahrt. Nicht nur rein äußerlich wirkt der 33-Jährige deutlich jünger als er ist - abgesehen von dem für seine Generation eher untypischen Oberlippenbart. Auch den Erfindergeist, den wohl jeder Teenager einmal auszuleben versucht, hat er ins Erwachsenenalter hinüberretten, ja sogar ausbauen und mit bisherigen Erkenntnissen und Erfahrungen anreichern können.

Der Klingenbrunner ist ein Unternehmer bzw. Kunsthandwerker, der einerseits offen ist für Spinnereien, andererseits aber ein strukturierter Zeitgenosse zu sein scheint, der streng nach den eigenen Gesetzen arbeitet.

Freilich, die eigenen Ideen stünden deutlich im Fokus. Doch Lagerbauer ist auch empfänglich für äußere Einflüsse.

"Ein gewisses Industriedenken habe ich weiterhin. Ich versuche sehr wohl auch Erwartungen zu erfüllen und Trends zu erkennen. Auch das unterscheidet mich vom Klischee des Künstlers.“

Genau diese Vorgehensweise scheint die richtige zu sein. Der Erfolg gibt dem gelernten Industriemechaniker recht. Nicht nur für Urlauber stellt er eine regelmäßig Anlaufstelle dar, sondern auch die Kommunen der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald, die für ihre Gemeinden auf der Suche nach größeren Kunstobjekten sind, zählen zu seinen Kunden.

"Unsere Region geht mit der Zeit - ohne jedoch seine Identität zu verlieren."

Die Folge: Der Junggeselle ist fast rund um die Uhr in seiner Werkstatt anzutreffen. 70-Stunden-Wochen sind da keine Ausnahme, sondern eher die Regel. Zeit, die er gerne investiert, da er sie nicht als Zwang empfindet, sondern als Antrieb für seine Leidenschaft. Stehen einmal schwierigere Projekte an, verschiebt sich sein Arbeitstag auch mal in die Nacht. "Da habe ich mehr Ruhe und kann mich besser konzentrieren."

Nicht nur wegen des eigenen Ansatzes ist Tobias Lagerbauer darüber hinaus ein Waidler, der sich mit seiner Heimat beschäftigt, der gewisse, meist eingeschliffene Vorgehensweisen hinterfragt und offen für Neues ist. So konnte er zuletzt feststellen, dass der Bayerische Wald im touristischen Bereich enorm zugelegt hat.

"Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und stehen gut da. Auch frühere Klischees sind längst überholt bzw. in Vergessenheit geraten. Unsere Region geht mit der Zeit - ohne jedoch seine Identität zu verlieren."

Ein Satz, den man ohne Weiteres auf die Person Tobias Lagerbauer ummünzen kann. Er hat sich stetig weiterentwickelt, gleichzeitig jedoch nie seine Wurzeln außer Acht gelassen. Sein großer Vorteil dabei: Er weiß stets, wie er sich helfen kann…