Vom Wald das Beste. – Nationalparkregion Bayerischer Wald
Woid G'sichter: Monika Kreuzer

Gemeinde Bayerisch Eisenstein

Woid G'sichter: Monika Kreuzer

Bayerisch Eisenstein. Das Wort "Mischmasch" ist eines, das sie nicht nur immer wieder selber in den Mund nimmt, wenn es um ihre Abstimmung geht, sondern das auch als Überschrift für ihre Biographie verwendet werden könnte. Ihre Kindheit verbrachte siim Wechsel in München und im Allgäu. Seit bald 30 Jahren ist allerdings Niederbayerin, genauer gesagt Waidlerin - nicht nur auf dem Papier, sondern aus tiefster Überzeugung.

Und auch das Berufsleben von Monika Kreuzer wird von einem "Mischmasch" bestimmt: Gut zwei Jahre betreibt die 53-Jährige in Bayerisch Eisenstein nun einen typischen Tante-Emma-Laden - oder auf bairisch: Kramerladen. Bei ihr gibt es so ziemlich alles, was man im Alltag braucht - vom Hühneraugenpflaster bis zu Wohnaccessoires. Das Geschäft, das sinnigerweise "De Kramerin" heißt, ist dabei kein Einzelhandel im herkömmlichen Sinne.

Es gibt dort nämlich nicht nur Lebensmittel sowie zahlreiche Dekoartikel zu erstehen. Auch die Unterhaltung der Kunden spielt eine nicht mindergroße Rolle. Der Dorfladen, so wie früher wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Mittelpunkt einer Ortschaft, erlebt in Bayerisch Eisenstein seine Renaissance - und fast noch ein bisschen mehr. Denn da ist zum einen die Chefin Monika Kreuzer selbst. Die gebürtige Münchnerin ist das, was man unter einem sprichwörtlichen Sonnenschein versteht: immer gut drauf, immer für einen Ratsch zu haben, immer hilfsbereit. So gibt es an der Kasse ein Spendenschwein, in dem die Kundschaft ihr kleines Wechselgeld werfen kann, was dann für soziale Zwecke verwendet wird:

"Demnächst fahre ich mit einer kranken und armen Frau zum Friseur und Kleider kaufen. Sie soll einen schönen Tag haben", erklärt die 53-Jährige dazu.

Da ist aber auch ihr Mann, Adrian Kreuzer. Ein weit über die Bayerwald-Grenzen hinaus bekannter Musiker, dem die Bühnen auf den größten Festen Bayerns bestens bekannt sind. Seit der Coronakrise, die die Kulturbranche zum Erliegen gebracht hat, ist der 58-Jährige  fester Bestandeil des Eisenstoana Dorfladens. Aus der Not wurde eine Tugend:

Er hilft, wo er kann - und bringt darüber hinaus sein Unterhaltungstalent mit ein.

Adrian Kreuzer hat einen abwechslungsreichen Social-Media-Auftritt auf die Beine gestellt und pflegt sein Image als "Hausl der Kramerin" derart, dass er in Zwiesel und Regen als solcher erkannt und angesprochen wird. Es macht ihm Spaß, gute Laune zu verbreiten. Und - das darf nicht außer acht gelassen werden - er schafft es, für einen deutlich erkennbaren Werbeeffekt zu sorgen.

Das Händchen von Monika Kreuzer für Einrichtungen aller Art dazugerechnet, hat der Dorfladen in der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald das geschafft, wofür entsprechende Mitbewerber unzählige Euros ausgeben. "De Kramerin" hat ein Alleinstellungsmerkmal in verschiedenen Bereichen vorzuweisen - und hebt sich von der Masse ab. Und das alles ohne Kosten für Image und Werbung. Dafür aber mit umso mehr Herzblut, Idealismus und zeitlichem Aufwand. Denn der Arbeitstag hat oft zwölf bis 14 Stunden und geht somit weit über die eigentlichen Öffnungszeiten hinaus. "Abends vor dem Fernseher mache ich zum Beispiel Topflappen, die es dann bei mir zu kaufen gibt." Der Tante-Emma-Laden ist nicht nur ein Job, sondern neben Laura und Adrian jun. so etwas wie das dritte Kind der Betreiberin.

Wobei das Gemischtwarengeschäft durchaus als Kuckuckskind bezeichnet werden darf - und Monika Kreuzer dem Bayerischen Wald zunächst gar nichts Positives abgewinnen konnte. Da sind wir wieder beim Chaos, beim "Mischmasch", angelangt. Doch der Reihe nach. Neben ihrer Tätigkeit als Bürokauffrau ("öde, aber solide") jobbte sie alljährlich auf dem Oktoberfest als Kellnerin. 1993 lernte sie dabei Musiker Adrian Kreuzer kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick, wenn man so will. Und es lief auch alles sehr romantisch weiter - bis der gebürtige Eisenstoana seine Eroberung das erste Mal mit ihn die Heimat nahm. "Ich hab' ihn kurz vor Zwiesel gefragt, wo denn nun die Berge sind", erinnert sich die 53-Jährige. Die mürrische Antwort ihres heutigen Ehemanns: "Hama ned, nur Woid." Daraufhin dachte sich die Oberbayerin: "Okay, dieses Wochenende geb ich ihm noch - dann ist Schluss."

Es passt aber irgendwie zur lebensbejahenden Geschäftsfrau, dass sie dann doch länger blieb als nur drei Tage - mittlerweile sind es 30 Jahre. "Adrian hat seine Chance genutzt", macht sie deutlich. Die Hochzeit folgte zeitnah, die beiden Kinder ebenso. Und während ihr Gatte als Musiker umherreiste, wurde Monika Kreuzer im Bayerischen Wald nicht nur sesshaft, sondern verliebte sich auch in die Heimat ihres Partners. Beruflich lief es ebenso. Die Familie kaufte das Gästehaus der Oma zurück und vermietete es an Bayerwald-Urlauber. Zudem eröffnete die oberbayerische Niederbayerin in Zwiesel und Deggendorf Dekoartikel-Geschäfte. Nebenbei engagierte sie sich als Mitglied einer Genossenschaft, die hinter dem Dorfladen im deutsch-tschechischen Grenzörtchen stand. Und es kam, wie es kommen musste: "Die Läden, das Gästehaus, die Kinder, die Genossenschaft - das wurde mir irgendwann einfach zu viel."

Schweren Herzens trennte sich Monika Kreuzer deshalb von ihren beiden beruflichen Standbeinen. Und aus dem ehrenamtlichen Engagement bei der Genossenschaft wurde ein hauptamtliches - dem Zufall geschuldet. Die Erklärung: Das gemeinschaftliche Projekt lief zwar einigermaßen gut, aber insgesamt ohne finanzielle Perspektive. Lange Rede, kurzer Sinn: Man einigte sich darauf, den Zusammenschluss aufzulösen, wenn die 53-Jährige als alleinige Betreiberin den Laden übernimmt. "Ich habe lange hin und her überlegt - und habe mich - auch auf Drängen von Adrian - dazu entschlossen, es zu machen", sagt sie. Woraufhin er ergänzt: "Manchmal braucht Monika einen kleinen Stupser - dann legt sie aber richtig los." Allerdings unter ihren Voraussetzungen: An dem von ihr ausgewähltem Standort im sog. "Pöschl-Haus", mit ihrem Einrichtungskonzept, unter ihrer Ägide. Der Erfolg nach zwei Jahren Bestandzeit gibt ihr Recht.

Die Entstehungsgeschichte der "Kramerin" klingt fast wie aus dem Märchen, wie aus einer längst nicht mehr existenten, heilen Welt. Es ist ein weiteres Talent von Monika Kreuzer, nach außen hin alles einfach und leicht wirken zu lassen. Denn im Hintergrund spielen sich wohl kalkulierte betriebswirtschaftliche Vorgänge ab. Es werden Preisverhandlungen mit Zulieferern geführt, das Sortiment wird umgestellt bzw. erweitert oder verkleinert. Begriffe wie Einnahmen-Überschuss-Rechnung suggerieren alles andere als Dorfladen-Romantik. Doch dies alles ist ebenso nötig. Der Einzelhandel muss sich nicht nur tragen, sondern die Familie Kreuzer ernähren. Und ja, das tut er auch. Trotz der immer größer werdenden Konkurrenz im Internet und im Discounter-Bereich rentiert es sich, in Bayerisch Eisenstein einen derartigen Betrieb zu führen.

"Es gibt sogar Leute aus Zwiesel, Regen und gar Deggendorf, die extra hierherfahren, um bei uns einzukaufen", weiß "Hausl" Adrian Kreuzer. Die Produkte - einerseits handelsübliche Lebensmittel, andererseits regionale Erzeugnisse - locken die Kundschaft in den Grenzort. Und als Zuckerl obendrauf gibt's die empathische Art der Kreuzers, die dafür sorgt, dass es menschelt und die Käufer sich wohlfühlen. Regelmäßige Events im dazugehörigen Garten, in dem auch eine (Wander-)Einkehr möglich ist, bringen weitere Gäste nach Eisenstoa. Alles Friede, Freude, Eierkuchen also? Nicht ganz. Leichte Kritik üben die Selbstständigen an der hiesigen Dorfbevölkerung: "Keine Frage, viele kommen zu uns. Aber gerade diejenigen, die am lautesten schreien würden, wenn es hier keinen Laden mehr gibt, kommen nicht", macht Monika Kreuzer deutlich.

Natürlich zählen auch Urlauber im traditionellen Touristen-Ort zu den Kunden. Die Chefin beziffert den Anteil auf "20 bis 25 Prozent". Diese Kundschaft erwirbt insbesondere Grundnahrungsmittel sowie Andenken meist in flüssiger, hochprozentiger Form. Es tröpfelt so dahin in dieser Sparte - mit Ausreißern nach unten und oben. Während sich andere regionale Betriebe, die mit Touristen in Verbindung kommen, über mehr Übernachtungsgäste und somit mehr Geld von außen freuen würden, setzen die Kreuzers auf den sanften Tourismus:

"Ein Massenansturm würde doch nur dazu führen, dass unser Bayerischer Wald nicht mehr der wäre, der er ist - ein Ruhepol in schönster Natur."

Der "Mischmasch" ist es, der Monika Kreuzer an ihrer Heimat am besten gefällt. Einerseits die teils unberührte Flora und Fauna im angrenzenden Nationalpark sowie in der artenreichen Kulturlandschaft. Andererseits die zunehmende Weiterentwicklung der Region. Einerseits das ursprüngliche im Charakter der Waidler. Andererseits die zunehmenden Einflüsse anderer Kulturen, die für Abwechslung und Bereicherung sorgen - so wie sie selbst. Das Zusammenspiel aller Komponenten ist genau das, was die 53-Jährige wertschätzt:

"Das Allgäu ist meine Heimat, Oberbayern ist meine Heimat - doch da Woid ist meine Herzens-Heimat."