Vom Wald das Beste. – Nationalparkregion Bayerischer Wald
Schauspieler Werner Asam im Porträt

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Schauspieler Werner Asam im Porträt

Zwölfhäuser. Gerade die Charaktereigenschaften, die dem Bayerischen Wald oft negativ ausgelegt werden, gaben für Werner Asam letztlich den Ausschlag dazu, seine Zeit nach der aktiven Schauspiel-Karriere am Fuße des Lusens zu verbringen. Die Abgeschiedenheit, die Ruhe, die Nähe zur Natur begeisterten den gebürtigen Münchener derart, dass er sich 2010 ein Haus in Zwölfhäuser kaufte, wo er gemeinsam mit seiner Frau Heidi seitdem lebt.

Er tauschte die große Bühne ganz bewusst gegen das idyllische Dorfleben in der Gemeinde Mauth - und verließ aus Überzeugung die Millionenstadt, um in der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald heimisch zu werden.

Trotz seiner großen Erfolge als Schauspieler und einem Leben im Scheinwerferlicht beschreibt sich der 73-Jährige selbst als ruhigen und bodenständigen Menschen, der nur ungern im Mittelpunkt steht. Ihm, der mit Filmgrößen wie Helmut Fischer und Gustl Bayrhammer in zahlreichen Tatort-Folgen zu sehen war und darüber hinaus zu den wohl bekanntesten Volksschauspielern Bayerns gehörte, will man jene Worte der Bescheidenheit zunächst nicht so recht abnehmen.

"Für mich war immer klar, dass ich mich mit dem Eintritt ins Rentenalter von der Schauspielerei verabschieden werde."

Einer, der regelmäßig im Bayerischen Fernsehen zu sehen war, möchte nicht auffallen? Das klingt irgendwie komisch. Doch: Zum einen unterstreicht Ehefrau Heidi die Aussagen ihres Mannes - zum anderen bestätigt Werner Asams momentane Lebensgestaltung in Zwölfhäuser seine Selbsteinschätzung.
Am Rande des kleinen Örtchens – dort, wo sich Fuchs und Hase noch ganz klischeehaft gute Nacht sagen – hat sich der Rentner sein eigenes, kleines Paradies geschaffen. Eine Ruheoase, ein Ort, der nur ihm, seiner Frau und den beiden Pferden gehört. Genau das also, was er sich immer erträumt hatte. "Ja, es gibt einige Schauspieler, die immer wieder die Bestätigung des Publikums brauchen. Ich gehörte da nicht dazu. Für mich war immer klar, dass ich mich mit dem Eintritt ins Rentenalter von der Schauspielerei verabschieden werde." Und es war ein Abschied ohne Kompromisse und Ausnahmen. Bereits mehrere Anfragen habe er abgelehnt. Der Drehbuchautor, Regisseur, Theater- und Schauspieler Werner Asam gehört endgültig der Vergangenheit an.

Eine Vergangenheit, die es in sich hatte. In einer für ihn sehr charakteristischen Bildsprache bezeichnet Werner Asam sein bisheriges Leben als Weg, von dem immer wieder Abzweigungen fortführen. Man müsse selber festlegen, ob man diese nutzen wolle - oder nicht. Die Krux dabei: Man könne nie wissen, ob der eingeschlagene Weg der richtige oder der falsche ist. Der Wahl-Waidler scheint vieles in seinem Leben richtig gemacht zu haben bzw. zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein. In jungen Jahren, kurz nach dem Abitur, zog ihn die Liebe in die Schweiz, er nahm die Staatsbürgerschaft der Alpenrepublik an (die er später wird abgab) und verdiente sein Geld als Grafiker. "Mit einem nur Millimeter dünnen Haarpinsel habe ich Briefmarken gemalt", erinnert er sich und verweist auf seine damals gestartete Künstlerkarriere, die in seiner Biographie allerdings nur eine Randnotiz bleibt.

Die Erfüllung fand der junge Mann in dieser Arbeit nicht, vielmehr verbrachte er als begeisterter Sportler jede freie Minute in den Schweizer Bergen. "Im Gegensatz zu heute konnte man sich damals nicht unbedingt damit rühmen, welche Gipfel man schon bestiegen hat", blickt Asam zurück. "Bergsteiger galten damals als leichtsinnige Spinner, die ohne Rücksicht auf Verluste sich und diejenigen, die sie vielleicht aus einer misslichen Lage befreien müssen, in Gefahr bringen." Dennoch widmete er sich mit Inbrunst seinem Hobby. Diese Leidenschaft sorgte mitunter auch dafür, dass Werner Asam zu einem der gefragtesten Schauspieler Deutschlands wurde.

"Wir haben uns getroffen - und drei Tage geredet, geredet, geredet."

Denn als Dieter Meichsner – zur damaligen Zeit einer der führenden Köpfe des NDR – einen Film über die Eiger-Nordwand produzieren wollte und daher auf der Suche nach Insiderwissen über diese berühmt-berüchtigte Bergtour war, machte ihn eine Hoteldame auf Werner Asam aufmerksam. "Wir haben uns getroffen - und drei Tage geredet, geredet und geredet." Zunächst sollte Bergexperte Asam nur am Skript mitarbeiten und sein alpines Fachwissen miteinbringen. Meichsner war vom jungen Bayern jedoch derart begeistert, dass er ihm eine Rolle versprach - obwohl er bislang noch nie vor der Kamera aktiv war. Doch das Projekt - immerhin mit Hans Brenner in der Hauptrolle - scheiterte zunächst. Erst zwei Jahre später wurde der Film dann tatsächlich gedreht.

Und trotz der Tatsache, dass jene Produktion alles andere als reibungslos verlief, bedeutete sie den Startschuss von Werner Asams Schauspielkarriere. Der Regisseur des Eiger-Drehs war ein damals noch relativ unbekannter Mann namens Dieter Wedel, der vom jugendlich daherkommenden Münchener überzeugt war und ihm die Türe für weitere Aufträge öffnete. "Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass ich, was die Schauspielerei betrifft, einen riesengroßen Massel hatte", gibt der 73-Jährige heute mit einem Lächeln zu. Ob Glück oder nicht – plötzlich war Asam mittendrin im Konzert der Großen. Es folgten Produktionen mit Regisseuren wie Franz-Peter Wirth oder Franz-Xaver Kroetz, mit Schauspielern wie Ruth Drexel und Veronika Fitz, Engagements an verschiedenen Theatern und Rollen in Serien wie „Polizeiinspektion 1“, „Derrick“, „Kir Royal“, "Forsthaus Falkenau" und "Rosenheim Cops".

Meist musste Werner Asam dabei den grantelnden Bayern spielen – oder, wie im Falle der Tatort-Episoden, den Bösewicht. "Das hat soweit geführt, dass ich auch im normalen Leben als grantig und böse gelte", erzählt er und schmunzelt. Ein Trugschluss. Der Mauther ist ein lebensfroher Mensch, der gerne lacht und noch viel lieber erzählt. Er berichtet aber nicht nur von seiner Karriere und seiner Kindheit im München der Nachkriegszeit. Er hinterfragt auch viele Dinge und ist vor allem dann ein streitbarer Geist, wenn es um die Entwicklung der heutigen Gesellschaft geht.

"Ein lebensfroher Mensch, der gerne lacht und noch viel lieber erzählt."

Aufgewachsen in den Kriegs-Ruinen der Landeshauptstadt, direkt neben dem Viktualienmarkt, nahm Werner Asam die Zerstörungen zunächst als "überdimensionalen Abenteuerspielplatz" wahr. Es wurde geklettert, zwischen den Jugendbanden gestritten (Asam: "Fliegendes-Klassenzimmer-Verhältnisse") und Fußball gespielt. Eine unbeschwerte Kindheit, wie es schien. Erst später, als Gymnasiast - zum damaligen Zeitpunkt für einen Arbeitersohn eine Besonderheit – nahm er seine Umwelt mit differenzierterem Blick zur Kenntnis. Das Ende des Nazi-Regimes, der Wiederaufbau Deutschlands, eingefahrene Strukturen innerhalb der Gesellschaft - Asam wusste zunächst nicht, was er von all diesen Dingen so recht halten sollte.

"Über allem stand das Motto 'Wir sind das Volk'. Doch was ist das Volk? Ich bin Deutscher, aber nicht das Volk. Zu was bin ich dadurch zugehörig? Welche Werte vertrete ich? Damals konnten diese Fragen noch leichter beantwortet werden - heute ist das fast unmöglich." Die Gesellschaft habe sich in eine Richtung entwickelt, die seiner Meinung nach nicht mehr die richtige ist. Gewalt, Diskriminierung, Unterdrückung gehören zu einer Welt, die Werner Asam so nicht haben möchte. "Über Jahrhunderte hinweg hatten wir für unsere Freiheit gekämpft. Nun haben wir sie - und kommen damit nicht klar. Generell kann die soziale Entwicklung mit den Neuerungen, die die Zeit mit sich bringt, nicht mithalten. Das führt zu den aktuellen Problemen."

"Die Möglichkeit, hier zu leben, rundet mein farbiges, schönes Leben hervorragend ab."

Früher, während seiner Phase als Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor, blieb nur wenig Zeit, um sich über solche Zusammenhänge Gedanken zu machen. Erst jetzt, in der Umgebung seiner neuen Heimat, kann er diese teils langwierigen Diskussionen mit sich selbst führen. Und er stellt dabei fest, dass die oft flapsige Aussage, der Bayerische Wald hinke der Zeit etwas hinterher, der Wahrheit entspricht - und das gar nicht so schlecht sei. "Dadurch sind die Waidler geerdeter. Sie wissen, woher sie kommen, welche Stärken und Schwächen sie haben. Das ist mit ein Grund dafür, warum ich mich hier so wohl fühle."

Wohlfühlen bedeutet für Werner Asam aber nicht nur ein gutes Miteinander mit seinen Nachbarn und Bekannten. Der 73-Jährige ist, seitdem er in Ruhestand ist, vor allem dann glücklich, wenn er mit seiner Frau eine lange Reittour durch die Wälder des Landkreises Freyung-Grafenau machen kann – sein ganz eigenes Sinnbild für Freiheit. Generell beschäftigt er sich täglich mehrere Stunden mit seinen Vierbeinern, auch sein Haus hat er großteils selbst saniert. Dinge, die für ihn noch vor Jahren unmöglich schienen. Zwischen den Drehtagen, den Aufführungen und Abgabeterminen der Drehbücher blieb nur wenig Platz für derartige Unternehmungen.

Doch trotz aller Beteuerungen, diese Phase seines Lebens hinter sich gelassen zu haben, ist Werner Asam auch heute noch ab und an schriftstellerisch tätig. Jedoch in einer ganz anderen Form: Er schreibt das auf, was ihm in den Sinn kommt - ohne Druck und ohne Vorgaben. Luxus für einen Mann, der eigenen Angaben zufolge gut verdient hat. Luxus, der allerdings nicht mit Geld zu kaufen sei. Genauso wie die Ruhe, die ihm der Bayerische Wald schenkt. "Die Möglichkeit, hier zu leben, rundet mein farbiges, schönes Leben hervorragend ab."