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WoidG´sicht: Franz Straub

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WoidG´sicht: Franz Straub

Perfektion spielt in seinem Leben eine große, wenn nicht sogar die maßgebliche Rolle. Als Glasschleifer und -graveur gehört es für Franz Straub zum Alltag, dass Millimeter entscheiden können über gelungen und misslungen. Es bereitet ihm keine Mühen, über einen längeren Zeitraum hochkonzentriert zu arbeiten. Genauso ist der 61-Jährige ein Meister der Unterhaltung. Mit ihm kann man "an Schmoang" reden, eher seichte Gespräche führen oder wie am Stammtisch politisieren. Doch auch eine Fach-Konversation ist mit ihm möglich - vor allem, wenn es um das Glas, dessen Produktion und Weiterverarbeitung geht.

Franz Straub kann dabei auf einen immensen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Der Umgang mit dem brüchigen Material scheint in der Genetik seiner Familie tief verankert zu sein. "Die ganze Verwandtschaft hat in diesem Bereich gearbeitet. Mein Vater war sogar auf der Glasfachschule. Alle meine Onkel waren Glasmacher." Und auch Franz Straub zog das Glas schnell in seinen Bann. Nicht, weil er musste, sondern weil er durfte.

"Jeden Sonntagvormittag hat mein Papa Schnupftabak-Bixl von einem Bekannten abgeholt, die dieser veredelt hat. Ich habe stundenlang beim Gravieren und Schleifen zugeschaut. Von da an wusste ich: Ich will das auch machen."

In einer Zeit, in der das Leben "schön, aber einfach" und die Schule oft "völlig egal" war, sah man es natürlich gerne, dass Franz Straub in die familiären Fußstapfen treten wollte. Er erlernte den Job des Glasschleifers und (später) des Glasgraveurs nicht wie viele andere in der Glasfachschule, sondern in einer Firma - im Rahmen einer gewöhnlichen Ausbildung. Seine ersten Berufsjahre waren geprägt von Akkordarbeit und Dauerdruck seitens der Vorgesetzten, die mit der Stoppuhr seine Produktivität überwachten. "Ich habe zwei Jahre lang nur Maßkrüge verziert. Für einen hatte ich eine Stunde Zeit. Und es durfte kein Muster zweimal entstehen."

Trotz dieser eintönigen Tätigkeit verlor er nie die Lust an dem, was er tat. "Das wundert mich selber ein bisschen", gibt er rückblickend zu. Freilich, die handwerklichen Vorgänge blieben stets dieselben. Seine Rettung war aber die Kreativität, die in seinem Job genauso gefragt ist wie eine funktionierende Schleif- bzw. Graviermaschine. Es verwundert also nicht, dass sich der 61-Jährige selbst als "Kunsthandwerker" bezeichnet. Und die Künstler haben bekanntlich ihren eigenen Kopf, den der gebürtige Lindberger ("Lindbergmühle, bittschön") dann auch meistens durchsetzte.

Irgendwann fiel ihm in den industriellen Glasbetrieben aber doch die Decke auf dem Kopf. "Ich hab keine Jagdgravuren mehr sehen können." Straub wagte den Sprung in die Selbstständigkeit - und wurde schließlich für seinen Mut belohnt. Zunächst aber gestaltete sich das Akquirieren neuer Kunden als mühsam. Auch war die Werkstatt im eigenen Wohnhaus in Lindbergmühle eher spartanischer Natur. Dann allerdings kam der Stein ins Rollen. "Es hatte sich herumgesprochen, dass ich gut bin", stellt Franz Straub ohne den Hauch von Arroganz fest. Und fügt nicht ohne Stolz hinzu: "Ich bin einer der letzten Glasveredler."

Gut, diese Aussage scheint inzwischen etwas überholt. Denn auch sein Sohn sowie seine Schwiegertöchter sind mittlerweile in dieser Sparte aktiv. Doch generell ist es – wie Straub betont – sehr wohl so, dass sein Beruf immer mehr verschwindet. Das wird allein beim Verein "Gläserner Winkel e.V.", ein Zusammenschluss von Glaskunst-Handwerkern aus dem Zwieseler Winkel, deutlich.

Zu Beginn seiner Selbstständigkeit rund um die Jahrtausendwende betrieb dieses Bündnis noch einen Laden. Jedes Mitglied konnte darin seine Produkte zum Kauf feilbieten. Und jeder Kunsthandwerker musste bzw. durfte regelmäßig einen ganzen Tag Verkaufsdienst ableisten. Viele einstige Leistungsträger sind aber inzwischen verstorben, in Rente gegangen oder einfach nicht mehr aktiv, sodass Franz Straub der letzte übriggebliebene (Glas-)Mohikaner ist.

Seine berufliche Heimat befindet sich heute im Gebäude des Zwieseler Glasunternehmens Zwiesel Glas, unmittelbar im Eingangsbereich zwischen dem Werksverkauf und der Schau-Glasbläserei - stilecht mit Wänden aus Glas. Dort - seine Tätigkeit läuft weiterhin unter dem Titel "Gläserner Winkel" - hat er seine Produktionsstätte, die eher schlicht daherkommt. Ein Stuhl, eine Drehmaschine, verschiedene Schleif- und Gravier-Werkzeuge, praktisch integriert in den Verkaufstresen. Im restlichen Raum befinden sich unterschiedliche Glas-Kunstwerke, die gekauft werden können.

Dieser kleine Laden ist Franz Straubs Arbeitsplatz, aber irgendwie auch seine Bühne. Mit trockenen Kommentaren, lustigen Anekdoten und hintergründigen Informationen über das Glas im Allgemeinen und seine Berufe im Besonderen weiß er zu unterhalten. Die Hälfte seiner Kundschaft sind Einheimische, die allen voran wegen Reparaturarbeiten zu ihm kommen. Für die anderen 50 Prozent seines Umsatzes sorgen Urlauber aus aller Welt, die, wenn sie die Glasstadt Zwiesel besuchen, natürlich auch zu ihm bzw. zu Zwiesel Glas kommen.

"Zwiesel Glas und ich - das ist eine hervorragende Symbiose."

Der 61-Jährige ist also nah dran am touristischen Puls der Zeit. Und er kann eine insgesamt recht positive Entwicklung in diesem Bereich feststellen. "Die Urlauber in Zwiesel sind seit Corona wieder mehr geworden", so seine Beobachtung. "Sie kommen wegen der Natur zu uns, aber auch wegen des Glases - und natürlich wegen mir. Es hat sich herumgesprochen, dass ich einer der letzten meiner Zunft bin." Wieder so ein typischer Franz Straub. Einerseits der Unterhaltungskünstler. Andererseits der Fachmann, der sich auch ins rechte Licht zu rücken weiß. Ein Perfektionist eben...