Vom Wald das Beste. – Nationalparkregion Bayerischer Wald
Vom Wald das Beste: Peter Langhammer aus Zwieslerwaldhaus

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Vom Wald das Beste: Peter Langhammer aus Zwieslerwaldhaus

Zwieslerwaldhaus. Im Gegensatz zu vielen seiner Kameraden frohlockte er regelrecht, wenn es hinaus ging ins vermeintliche Kampfgebiet. Er freute sich jedoch nicht auf die anstehenden Manöver bei Sonne, Wind und Schnee, weil er ein leidenschaftlicher Anhänger des Militarismus oder gar ein Waffennarr ist. Er liebt vielmehr seit jeher die Zeit in der freien Natur.

"Vor allem im Winter gibt es nichts Schöneres als in den Wäldern umher zu streifen", sagt er. Die ausgiebigen "Spaziergänge" an der frischen Luft überdeckten aber nur kurz seine tief im Inneren verwurzelte Abneigung gegenüber der Bundeswehr mit all ihren Begleiterscheinungen.

Nach nur wenigen Monaten quittierte er deshalb seinen Wehrdienst - und machte nach seiner nachträglichen Verweigerung "Zivi" beim Bund Naturschutz.

Diese Anekdote aus der Jugendzeit von Peter Langhammer stellt zwar nur einen äußerst überschaubaren Abschnitt seines Lebens dar, darf jedoch durchaus sinnbildlich für seine Gesamt-Vita verstanden werden. Die Flora und Fauna, die Natur des Bayerischen Waldes, spielte bei ihm von Geburt an eine große, wenn nicht sogar alles vereinnahmende Rolle – und das, obwohl er am Donau-Ufer in Obernzell aufgewachsen ist.

Auf seinen zunächst privaten und später auch beruflichen Streifzügen über Stock und Stein, stets im Einklang mit der Tier- und Pflanzenwelt, erlebte er eigenen Aussagen zufolge die glücklichsten Momente überhaupt. Seine Zeit beim "Barras" - ein Wort, das Langhammer in Verbindung mit seiner kurzen Bundeswehr-Liaison immer wieder verwendet - verdeutlicht aber auch, dass der 56-Jährige gewisse (moralische) Werte lebt - und bereit ist, dafür selbst größte Widerstände zu überwinden.

Ein fortschrittlich denkender Überzeugungstäter und Querdenker.

Peter Langhammer ist ein Mensch, der Prinzipien hat. Die Basis dieser Grundsätze sind jedoch nicht die eigenen, angeborenen Charakterzüge oder etwaige Einflüsse aus der Kindheit. Seine Lebenseinstellung ist die Folge zahlreicher Erfahrungen, die er bisher sammeln durfte. Beschäftigt sich der in Zwieslerwaldhaus lebende Mann mit einem Thema seiner Wahl, macht er dies akribisch und ausführlich, um sich eine überaus beachtliche Expertise auf dem jeweiligen Fachgebiet anzueignen.

Manche mögen in diesem Handeln einen Hang zur Verbohrtheit, zur Pedanterie sehen - andere  wiederum nennen es schlicht und einfach Sorgfältigkeit. Einige sehen in ihm - vor allem in fortwissenschaftlicher Hinsicht - einen Rebellen - andere einen fortschrittlich denkenden Überzeugungstäter und Querdenker.

Aus optischer Sicht entspricht Peter Langhammer ganz und gar dem klischeehaften Bild eines Revolutionärs. Lange Haare, Vollbart, asketische Figur - gewissermaßen könnte er als Hans Söllner des Bayerischen Waldes durchgehen. Nur sein sympathisches, entwaffnendes Lachen will nicht so recht in das Bild eines Widerstandskämpfers passen. Auch der Typ Langhammer an sich ist alles andere als radikal.

Der 56-Jährige ist empathisch, ein angenehmer Gesprächspartner, der viel zu erzählen weiß – manchmal fast schon ein bisschen zu viel. Vor allem wenn es um den Fortbestand der Wälder geht, verliert sich der Forstwirt gerne einmal in engmaschigen Monologen. Diese sind jedoch nicht die Folge einer mutmaßlichen Selbstverliebtheit, einer narzisstischen Ader, sondern seiner Leidenschaft fürs Thema.

"Die Natur hat eine sehr große Rolle in meiner Kindheit gespielt - das hat mich geprägt."

Bei einem gebürtigen Obernzeller könnte man zunächst vermuten, dass sich Peter Langhammer eher für die Fischwelt der Donau als für die Baumarten des Bayerischen Waldes interessiert. Doch bereits von Kindesbeinen an zog es ihn - oft in Begleitung eines Jugendfreundes – hinaus in die Wälder links und rechts der Donau. Und sobald nur ein bisschen Freiraum in einer recht entbehrungsreichen Jugendzeit übrig blieb, ging es mit den Eltern zum Wandern in den Woid.

"Wir haben Eidechsen und Schlangen gefangen, die Natur hat eine sehr große Rolle in meiner Kindheit gespielt - das hat mich geprägt." Aus diesem Grund stand schnell für ihn fest, auch beruflich den „Naturweg“ einschlagen zu wollen.

Da das Arbeitsfeld eines Biologen damals jedoch als "brotlose Beschäftigung" verschrien war, entschied sich der „Donau-Waidler“ schließlich für das Studium der Forstwissenschaften.
Dieses schloss er als einer der besten ab - und dennoch reichten seine Noten nicht für die Übernahme in den Beamtendienst. Peter Langhammer begrub seine beruflichen Wünsche deshalb aber nicht, sondern wählte kurzerhand eine andere Herangehensweise an seinen Traumjob: Er machte sich Mitte der 90er selbstständig - als freiberuflicher Förster.

"Damals gab es noch viele größere Waldbesitzer, die sich aufgrund der hohen Holzpreise einen Förster leisten konnten", berichtet er. Er selber erkannte diese Chance und nutzte sie - ausgestattet mit einer gewissen Naivität und einer gefestigten Weltanschauung ging er sogleich mit vollem Eifer ans Werk.

Er machte sich Mitte der 90er selbstständig - als freiberuflicher Förster.

Zunächst wurde er hauptsächlich für Durchforstungen aller Art gebucht. Dann änderte sich seine Ausrichtung mit den Jahren immer mehr. Einerseits, weil die Waidler nach Stürmen wie Wibke und Kyrill ein anderes Bewusstsein für ihre Bestände entwickelten. Andererseits, weil Langhammer mit zunehmender Berufserfahrung sein ganz eigenes Bild eines vitalen, nachhaltigen Wirtschaftswaldes herausarbeitete – und dieses seitdem mit großer Vehemenz durchzusetzen versucht.

Eine seiner Überzeugungen lautet etwa, dass auch ein Wald, der vordergründig auf Wirtschaftlichkeit getrimmt werden soll, gewisse Bereiche an abgestorbenem Holz ("Totholz") benötigt - und dass eine Mischung von unterschiedlichen Baumarten unabdingbar ist.

Peter Langhammer hat mit dieser Denkweise das Rad nicht neu erfunden. "Eigentlich orientiere ich mich dabei an der Natur selbst. Ein perfekt aufgeräumter Wald, der ausschließlich aus Fichten besteht, ist nicht normal - das erkennt jeder." Mit seiner beharrlichen Art, die ihm scheinbar in die Wiege gelegt wurde, und seiner immer wieder im Gegensatz zu den Vorgaben der Bayerischen Staatsforsten stehenden Meinung eckte er immer wieder an - weshalb ihm u.a. das Bayerische Fernsehen den Beinamen "Naturrebell" verpasst hatte. Die Hochphase seiner vermeintlichen Zeit als Widerstandskämpfer liegt allerdings schon etwas zurück.

Immerhin arbeiten wir hier nicht für uns, sondern für die folgenden Generationen

"Früher war das Ganze schlimmer. Meine beim Staat angestellten Kollegen hatten im Grunde genommen dieselbe Einstellung wie ich, durften sie aber nicht äußern - und waren deshalb vielleicht auf mich neidisch. Inzwischen setzen sich meine Ideen mehr und mehr durch - ohne mir diesen Erfolg ausschließlich selbst auf die Fahnen schreiben zu wollen." Seine Mühen haben sich demnach gelohnt, der jahrelange Kampf scheint auf ein siegreiches Ende hin zu steuern. Trotzdem sieht sich Peter Langhammer noch nicht am Ziel - im Gegenteil.

In Folge des Klimawandels werden weitere Herausforderungen auf den Bayerischen Wald zukommen. Er macht sich dazu bereits ausführliche Gedanken. "Vorausschauend zu planen ist in puncto Waldentwicklung unverzichtbar. Immerhin arbeiten wir hier nicht für uns, sondern für die folgenden Generationen. Bäume wachsen nicht von heute auf morgen. Die Halbwertszeit im Forstbereich ist deshalb deutlich länger."

Es ist deutlich zu spüren, dass die Forstwissenschaft für Peter Langhammer mehr als nur ein Job ist, mit dem er sein Geld verdient - sie ist sein Lebensinhalt. Nicht mehr und nicht weniger. Und die Begeisterung für Fichten, Buchen & Co. ist nicht erst irgendwann gekommen, sondern offenbar tief in der Seele des "Donau-Waidlers" verankert.

Ganz klischeehaft in einem Holzhaus

Auch privat hat sich der 56-Jährige dem Bayerischen Wald immer mehr angenähert. Über Obernzell und seinem langjährigen Lebensmittelpunkt in der Nähe von Neureichenau hat er sich vor gut einem Jahr mit seiner Lebensgefährtin in Zwieslerwaldhaus niedergelassen – ganz klischeehaft in einem Holzhaus.

Der "Garten Eden" auf Erden

Das kleine, touristisch und vor allem vom angrenzenden Nationalpark geprägte Örtchen ist dabei von ihm nicht zufällig als Wohnort ausgewählt worden. Für den Forstwissenschaftler scheint die Siedlung im Gemeindebereich von Lindberg der "Garten Eden" auf Erden zu sein. Ausschließlich von Wald umgeben, findet Langhammer dort die Ruhe, um sich über sein "Leib-und-Magen-Thema“ Gedanken machen zu können.

Gleichzeitig sind die für ihn so (über)lebensnotwenigen Streifzüge durchs Unterholz des Bayerwalds von der Haustüre aus möglich. Im Gegensatz zu früher - als er diesen Luxus nur mit dem "Barras"-Klotz am Bein erleben durfte – stehen ihm die Natur-Erlebnisse nun völlig ohne Zwang und Drill zur Verfügung…