Vom Wald das Beste. – Nationalparkregion Bayerischer Wald
WoidG'sichter: Thomas Koy - Holzmanufaktur Liebich

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WoidG'sichter: Thomas Koy - Holzmanufaktur Liebich

Thomas Koy hat im Gewerbegebiet Fürhaupten seine Holzmanufaktur nach modernsten Standard aufgebaut und etabliert. Seine Produkte "made im Bayerischen Wald" gehen in die ganze Welt.

"Bis morgen, i freu mi!"

grüßt Thomas Koy am Ende einer EMail. Sie zeigt: "Er ist angekommen in der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald, hat das berlinerische "Ick" gegen das bayerische "I" getauscht. "I gfrei mi" ist aber noch nicht draus geworden. Dialekt sprechen will der Unternehmer auch gar nicht. Dass er trotz Berliner Schnauze mittlerweile voll integriert ist in seinem Team, das ist es, was er an den Einheimischen im Woid so schätzt.

Thomas Koy ist in Ost-Berlin aufgewachsen, hat in Leipzig studiert, mit Doktortitel sein Studium in internationaler Kommunikation abgeschlossen. In seinem Berufsleben ist er viel herumgekommen: Er war im Ruhrgebiet, im Emsland, in Niedersachsen, in den USA, Paris, Moskau - und schließlich in Genf. Dort war er als Europadirektor bei einem großen Verpackungskonzern angestellt. Ein lukrativer und abwechslungsreicher Job, der ihn aber auch forderte und viele Dienstreisen mit sich brachten. Frau und Kinder bekamen ihn kaum mehr zu Gesicht.

"Das Frustrationspotential wurde immer höher", erzählt der 57-Jährige. Er sitzt an einem kleinen Bach hinter dem Werksgebäude, dass er vor fünf Jahren in einem Gewerbegebiet nahe Zwiesel gebaut hat. Hier ist seine "Recovery-Area". Hier sitzt er mit seinen Mitarbeitern in der Mittagspause oder nach Feierabend zusammen, trinkt mit ihnen eine "Hoibe" - und redet über Aufträge, Abläufe im Betrieb oder neue Kunden und ihre Wünsche.

"Ich kannte den Bayerischen Wald vorher überhaupt nicht"

, sagt er. Dass es ihn hierhin verschlagen hat, liegt an der Firma "Max Liebich Holzwaren Manufaktur". Als er vor zwölf Jahren nach einer neuen Aufgabe suchte, weg wollte aus Genf - da fand er sie. Das Werk stand in Regen zum Verkauf. Man stellte dort bereits damals Holzverpackungen her. Thomas Koy wusste: In der Verpackungsbranche kennt er sich aus, er hat viele Kontakte und Möglichkeiten. Er kaufte die Manufaktur. Das Ziel: Keine großen Stückzahlen fertigen, stattdessen Spezialitäten, ganz besondere Verpackungen aus Holz.

"Wir machen jeden Monat zwischen fünf und acht Neuentwicklungen", sagt Koy. Immer ganz individuell auf die Wünsche der Kunden abgestimmt: Egal, ob es sich um eine Zigarrenschachtel aus Holz handelt, um eine Holzschachtel für Mikrofone oder eine Art Koffer für eine Dreiliter-Magnum-Flasche Champagner. Koy und sein Team finden für jedes Produkt eine Möglichkeit, es mit Hilfe einer edlen Holzverpackung in Szene zu setzen.

Der Chef selbst bringt die Ideen mit ein, die er aus anderen Bereichen der Verpackungsindustrie kennt. Die Zusammenarbeit mit seinen Mitarbeiten klappt dabei seinen Worten zufolge reibungslos:

Der Waidla ist zwar ein Grantla, aber wenn du ihn einmal gepackt hast, dann brennt er für dich",

hat der Berliner festgestellt.

Gepackt hat den 57-Jährigen sein Team sicherlich auch durch sein eigenes Engagement und seine Investitionen in die neue Firma: Sieben Jahre nachdem er das Werk in Regen gekauft hatte, baute er ein nagelneues Werk nahe Zwiesel. Und das präsentiert sich auf modernstem Stand. In vielen Bereichen: Die Fertigungshalle ist so konzipiert, dass die Arbeiter keine langen Wege zurücklegen müssen. Der breite Mittelgang dient als Zwischenlager für die Produkte während der Fertigung: Der Schreiner stellt beispielsweise fertige Holzkisten dort ab, der Lackierer holt sie sich und bearbeitet sie weiter.

Auf dem Dach der Halle befindet sich eine große Photovoltaikanlage, die Maschinen und auch Firmenfahrzeuge mit Sonnenstrom versorgt. Überschüssige Energie wird gespeichert, damit sie an Tagen ohne Sonnenschein genutzt werden kann. Geheizt wird ausschließlich mit den Holzabfällen, die in der Produktion entstehen. "Wir sind mittlerweile zu 70 Prozent energieautark", resümiert Thomas Koy nicht ohne Stolz. Auch für die Produkte, die in seiner Manufaktur entstehen, hat er sich etwas Besonderes einfallen lassen: Er bedruckt sie mit den Informationen, woher das Holz dafür stammt.

"Wir leben hier im größten zusaammenhängenden Waldgebiet Mitterleuropas", sagt Koy. Damit müsse man Werbung machen, die Einzigartigkeit der Produkte herausheben. Die Holzmanufaktur Liebich kauft ihr Holz nämlich in unmittelbarer Nähe zum Werk. Und das kann der Kunde am fertigen Produkt nun auch erkennen: Hier steht, wo genau das Holz geschlagen wurde, in welcher Entfernung zur Manufaktur. Per google-Tracking kann man sich den Holz-Standort sogar anzeigen lassen. Seine Holzprodukte verkauf Koy rund um den Globus.

"Ich freue mich immer, wenn ich irgendwo in der Welt unterwegs bin und auf einmal eine Holzverpackung sehe, die von uns ist,"

erzählt er. Das sei ihm in Singapur, Japan und den USA bereits passiert. Einziges Problem, mit dem er genauso zu kämpfen hat wie so viele andere Betriebe, ist der Fachkräftemangel. Neue Mitarbeiter zu finden sei extrem schwierig, sagt Koy. Allerdings steckt er auch hier den Kopf nicht in den Sand, sondern ist offen für Neues:

Eine Studentin entwickelte im Rahmen ihrer Bachelorarbeit ein spezielles Konzept für die Holzmanufaktur Liebich, wie durch Digitalisierung und Automatisierung bei bestimmten Arbeitsschritten im Betrieb Arbeitskraft eingespart werden kann. Diese kann der Chef dann wiederum gut in anderen Bereichen gezielter einsetzen. "Die Mitarbeiter freu das auch: Sie machen jetzt nicht mehr acht Stunden lang den gleichen Handgriff", resümiert er zufrieden. Spritzroboter und automatisierte Fräsmaschinen stellen also keine Konkurrenz, sondern Entlastung dar.

Und dann sind da noch die Mitarbeiter aus allen Teilen der Welt: aus Afghanistan, Somalia, Rumänien - und neuerdings auch einer aus der Ukraine: Kostja kam im April aus Kiew nach Zwiesel. Dort arbeitete er in der Parkettindustrie. Ideale Voraussetzungen also, um gleich nach seiner Ankunft in Deutschland bei Holz Liebich anzufangen. Ideal auch, dass der Chef in seiner Schul- und Studienzeit in Ostberlin und Leipzig Russisch gelernt hat uns sich so mit dem neuen Mitarbeiter ohne Probleme unterhalten kann. Der "Zuagroaste" aus der Spree-Metropole erleichtert inzwischen so machn anderm Neu-Waidla den Neuanfang im Woid.

Thomas Koy stellt im Rückblick ganz offen fest: Der Start im Bayerischen Wald war für ihn selbst und seine Frau nicht unbedingt einfach. "Wenn Du aus einer internationalen Großstadt wie Genf hierherkommst, dann ist das schon ein kleiner Kulturschock." Die Waidla haben es ihm aber einfach gemacht, sich schnell einzuleben. Er fühlt sich zu Hause im Woid.

"Ich möchte es nicht nochmal woanders probieren."

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