Vom Wald das Beste. – Nationalparkregion Bayerischer Wald
WoidG'sichter - Ursula Eiter

Vom Wald das Beste

WoidG'sichter - Ursula Eiter

Raumreuth. 1950. Deutschland erholt sich langsam vom Zweiten Weltkrieg, der bekanntlich in einer Katastrophe auf allen Ebenen zu Ende gegangen ist. Obwohl sich allmählich das Wirtschaftswunder anbahnt, sind vielerorts - vor allem im "Armenhaus" Bayerischer Wald - die Lebensmittel knapp. Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit stehen auf der Tagesordnung - zum Leidwesen der Gefühlswelt der heranwachsenden Nachkriegsgeneration

Wenn man so will, hat Ursula Eiter in und um Zwiesel eine für diese Zeit typische Kindheit erlebt: Der Nachwuchs bildete häufig das fünfte Rad am Wagen, wurde - soweit möglich - als billige Arbeitskraft verstanden.

Die Frau mit den ergrauten Haaren, der dunkel gerandeten Brille und den Perl-Ohrringen, die inzwischen in Raumreuth in der Gemeinde Eppenschlag lebt, kommt mit der ersten Phase ihres Lebens bis heute nicht wirklich zurecht. Sie spricht von einem Trauma, wenn sie an damals denkt. Sofort schießen ihr die Tränen in die Augen, ihre Stimme wird brüchig. Weiter möchte sie auf diese Zeit nicht eingehen - aus Selbstschutz. Die Folgen sind allerdings überall in ihrem Haus und auch im dazugehörigen Garten zu sehen.

 

Ursula Eiter, in ihrem direkten Umfeld "Susi" genannt, hat nämlich ihre ganz eigene Therapieform gefunden.

"Kunst entspannt mich. Kunst hat außerdem mein eigentlich nicht vorhandenes Selbstvertrauen überhaupt erst zu einem werden lassen",

betreibt Ursula Eiter Selbstreflexion. "Das Zusammenspiel aus Malerei und Gärtnerei hat darüber hinaus vergessen machen lassen, dass ich eigentlich ein Stadtkind bin. Inzwischen ist mir das Landleben aber deutlich lieber."

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen - diese altbackene Redewendung spielte im Leben der Waidlerin lange eine maßgebliche Rolle. Aufgrund ihrer Kindheit mit negativer Lesart. Bis zu ihrem 40. Lebensjahr haben nämlich die Pflichten des Alltags ihr Dasein bestimmt - wenn auch als Ehefrau auf eine andere Art und Weise wie zuvor als Tochter. Denn erst, als die Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, hatte sie die Möglichkeit, sich selbst zu finden, sich selbst zu erfüllen.

"Ich habe Aquarell-Farben geschenkt bekommen. Das war der Auslöser dafür, dass ich mit dem Malen begonnen habe."

Ähnlich einfach erscheint die Erklärung, wie sie zu ihrem grünen Daumen fand: Nachdem wir unsere kleine Landwirtschaft aufgegeben hatten, hat mir unser Garten überhaupt nicht gefallen.

"Also habe ich ihn nach meinen Vorstellungen umgebaut." 

Zunächst entstand eine Terrasse, die inzwischen zum Wintergarten umfunktioniert worden ist, dann erste Blumenrabatte. Es wurde immer mehr, vielfältiger und bunter. Inzwischen kann man nicht mehr von einer Grünfläche sprechen, sondern von einem floralen Erlebnisareal.

Diese eigentlichen Selbstverständlichkeiten sollte man nur „mit den richtigen Augen sehen“. Dann ist der Weg zum Genussmittel frei Haus nicht mehr weit - und all die Mühen sind vergessen."

betont die 71-Jährige. "Es ist ohnehin schwer bei uns, dass überhaupt was wächst", stöhnt sie angesichts der aufgrund der Höhenlage des Bayerischen Waldes eher begrenzte Auswahl an Blumen, Sträuchern und Gräsern, die rund um Lusen und Rachel gedeihen. "Hinzu kommen noch die immer heftiger werdenden Gewitter, die vieles kaputt machen, und die vielen Schädlinge, die ab und an Überhand nehmen."

Ursula Eiter hat gelernt, Dinge zu akzeptieren, die man ohnehin nicht ändern kann. Sie will mit ihren Leidenschaften auch nicht anderen gefallen, sondern ausschließlich sich selbst. Freilich habe sie schon einige ihrer Bilder verkauft. Auch kamen bereits Besucher, um ihre Pflanzen-Pracht zu begutachten. Doch:

"Das ist mein Hobby. Ich will damit kein Geld verdienen oder Lob einheimsen."

Ihre Entlohnung sind stille, erholsame Momente in der Umgebung ihrer Schöpfung - im besten Falle mit der eigene Familie. Für sie ist dies die pure Therapie. Denn in diesen Minuten vergisst sie alles Negative - selbst die Erinnerungen an eine wenig erbauliche Kindheit und Jugendzeit.