Vom Wald das Beste. – Nationalparkregion Bayerischer Wald
WoidG'sichter - Patrick Koller

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WoidG'sichter - Patrick Koller

Der Rinchnacher fühlt sich regelrecht geehrt, wenn er danach gefragt wird, ob in seinem Oberstübchen alles in bester Ordnung sei. Warum das so is, erfuhren wir im Gespräch mit ihm.

Sog moi, spinnst Du? Im bairischen Sprachgebrauch wird diese eher negativ behaftete Frage dem Gegenüber oft an den Kopf geworfen - ohne eine Antwort zu bekommen oder gar zu erwarten. Bei Patrick Koller ist das in vielerlei Hinsicht anders. Der 38-Jährige aus Rinchnach fühlt sich regelrecht geehrt, wenn er danach gefragt wird, ob in seinem Oberstübchen alles in bester Ordnung sei. Und auch seine Antwort fällt überraschend aus: "Ja, i spinn", gibt er zu, bevor er näher darauf eingeht:

"I bi unnormal, dazua steh i. Sogd wea, dass i spinn, ehrt mi des."

Der Mann mit Dreitagebart und Käppi und ist aufgrund seiner Aussage jedoch kein Fall für die Klapsmühle, sondern für einen ausführlicheren Blick auf eine recht vielschichtige und daher nicht uninteressante Persönlichkeit. Patrick Koller ist in erster Linie Friseur. Diesen Beruf erlernte er eher notgedrungen - im Salon seiner Mutter Heidi, die seine Lehrmeisterin war und jetzt seine Chefin ist. 

Nebenbei widmet er sich - wenn man so will als Feierabend-Beschäftigung – gemeinsam mit einem Freund der optischen Aufbereitung von Autos. 2021 war er darüber hinaus 264 mal auf den Gipfel des Arbers, den „König des Bayerischen Waldes“, gestiegen - im Winter mit Tourenski, im Sommer in Wanderausrüstung.

"I woas scha, des is ois a weng veij aaf oamoi",

gesteht Koller, als er einen ersten Überblick über sein Leben gibt. Daher der Reihe nach. Der Alltag von Patrick Koller erscheint von außen betrachtet etwas chaotisch. Wenn man so will, gibt es zwei große Themenblöcke: das Berufliche und das Private. Wobei sich Letzteres wiederum unterteilen lässt. Alle Komponenten sind zudem irgendwie miteinander verbunden.

Konkret ist da die Sache mit dem Friseurberuf. Diese Tätigkeit begleitet den 38-Jährigen schon von Kindesbeinen an. Seine Mutter Heidi betreibt den gleichnamigen Salon etwas abseits von Rinchnach gelegen. Die Geschäftsräume sind im Privathaus der Familie untergebracht. Die Kunden gehören praktisch zur Familie - seit jeher. Trotz alledem wollte der Filius zunächst nicht in die Fußstapfen seiner Mama treten. "I woid unbedingt Schreina wean." Der entsprechende Lehrvertrag war auch schon unterschrieben, als eine Holzstaub-Allergie das Vorhaben zunichte machte. Er haderte aber nicht, sondern zeigte sich pragmatisch – und startete kurzerhand eine Ausbildung zum Friseur - bei Mutter Heidi. Arbeiten mit bzw. „unter“ den Eltern ist für viele kaum vorstellbar.

Haare schneiden, tönen, färben ist inzwischen das, was der Rinchnacher bis an sein Lebensende machen möchte - als Haupterwerb. Er liebt es geradezu, seine Kreativität auf den Köpfen anderer Leute ausleben zu können. Zudem ist er ein unterhaltsamer Typ, der den täglichen Umgang mit den Kunden schätzt. Auch klischeehaft passt der Beruf zu ihm. Friseuren wird ja nachgesagt, eher extrovertiert zu sein. Diese Charaktereigenschaft schreibt sich Koller auch selbst zu - und wird durch sein Äußeres unterstrichen.

Seinen Kopf schmückt meistens ein Käppi - eher aus praktischen Gründen. Denn die eigene Haarpracht hat inzwischen deutlich nachgelassen. "I woas scha...", gibt er in diesem Zusammenhang zu und schmunzelt: "Bei an Friseur stellt ma se a andere Frisur vor." Der Rest am Körper ist hingegen alles andere als gewöhnlich. Arme und Beine sind mit zahlreichen Tätowierungen übersät - eine Art Tagebuch mit den bisher wichtigsten Ereignissen in seinem Leben. Freilicht mit dabei: Schere und Kamm. Auch Hund „Jack“, sein treuester Weggefährte, ist abgebildet. Ebenso der Arber und einige Autos.

Fahrzeuge aller Art haben Patrick Koller schon immer begeistert - vor allem die getunte, tiefergelegte Variante. Das legendäre Wörthersee-Treffen im österreichischen Reifnitz, das alljährlich tausende von Tuning-Fans anlockt, zählt deshalb zu seinen Pflichtterminen. Genauso die Schraubstunden in der eigenen Garage. Durch einen Freund, der in der Kfz-Branche beschäftigt und inzwischen sein Geschäftspartner ist, entdeckte er seine Ader für die Autoaufbereitung. Anfangs noch ausschließlich als Hobby gedacht, hat er sich in diesem Bereich inzwischen selbstständig gemacht. Seine Wochengestaltung beschreibt er so:

" Vo Freidog bis Sonndag, oiso wenn da Salon zua hod, bin i mit de Autos beschäftigt."

Aktuell gibt es ein Sonderprojekt auf vier Rädern, das wiederum mit einer weiteren großen Leidenschaft - Stichwort: Arber - zusammenhängt. Lässt es die Zeit zu, baut er seinen Camper in eine mobile Schlafstätte um. Somit möchte er noch flexibler sein, was seine Wanderungen auf die Berge des Bayerwaldes und darüber hinaus betrifft.

Des wird a super Sach! - Dann ka i na mehr Gas gem."

 freut er sich bereits jetzt auf die Fertigstellung, die jedoch angesichts seines vollen Terminkalenders noch etwas dauern wird.

2019 hat er 67 Gipfel im Bayerwoid erklommen, ein Jahr darauf den Arber 113 Mal bestiegen, gefolgt von 264 Touren im Jahr 2021. Schwer vorstellbar, dass diese Zahlen noch getoppt werden können. Aber wenn es wohl einem zuzutrauen ist, dann Patrick Koller.

"Des is wia a Sucht. I muas einfach aue, muas me beweg'n."

 berichtet er und zieht zum wiederholten Male genüsslich an seiner Zigarette. Die Streifzüge durch die Natur bieten ihm Ablenkung von der Hektik des Alltages. Gleichzeitig sind sie die ideale Möglichkeit, um mit sich und der Welt ins Reine zu kommen. So hat ihm der Arber etwa geholfen, den ein oder anderen Schicksalsschlag - darunter eine Scheidung - zu verdauen. Ganz nebenbei hat er sich aufgrund seines Sportsgeists inzwischen zu einer weitum bekannten Person entwickelt. Das Bayerische Fernsehen hatte bereits über ihn und seine Passion berichtet.

"Ahja, fotografian dua i aa gern"

Seine Bilder sind auf seinen Social-Media-Kanälen bei Instagram und Facebook der Renner. Auf seinen Touren wird er mittlerweile erkannt und angesprochen, weshalb er bereits Wandertage initiiert hat, in deren Rahmen man ihn begleiten kann.

Der nächste Schritt wäre für ihn nun, seine Bekanntheit in bare Münze umzuwandeln. Doch das will er nicht. Ganz bewusst. Und aus voller Überzeugung.

"D'Natur g'head uns olle."

Danach gefragt, ob er denn alles über sich berichtet habe, was berichtenswert wäre, überlegt der Rinchnacher kurz. Aber doch lange genug, um schließlich festzustellen: "Ijo, des miasad's gwen sa". Wetten, nicht?